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Insel Hombroich: Ehrung mit dem European Energy Award an einem außergewöhnlichen Ort

Am 28.10.2021 wurden auf der Insel Hombroich an der Erft in Nordrhein-Westfalen 12 Kommunen mit dem European Energy Award ausgezeichnet. Die Veranstaltung fand unter dem Leitthema "Klimaneutralität in Kommunen" statt und wurde durch spannende Vorträge und einen Themenspaziergang bei schönstem Herbstwetter abgerundet.

Foto: J.M. Dütz

Am Donnerstag war es soweit: Die Bundesgeschäftsstelle European Energy Award hat insgesamt 12 Kommunen für Ihre erfolgreichen Klimaschutzaktivitäten geehrt. Leonard Meyer, Projektmanager und Auditor der Bundesgeschäftsstelle und Lothar Schneider, Geschäftsführer Energieagentur NRW dankten den Städten, Gemeinden und Landkreisen für ihr nachhaltiges Engagement.

Die Veranstaltung richtete sich an dem Thema „Klimaneutralität in Kommunen“ aus. Zunächst referierte Prof. Dr. Stephanie Fiedler von der Universität Köln über „Der menschenverursachte Klimawandel und die Bedeutung für unser Wetter“. Sie gab einen spannenden Einblick in die Klimaforschung und erläuterte den Zusammenhang von Klimaveränderungen und Extremwetterereignissen.

Anschließend gaben Thomas Bloch (Geschäftsführer ewko Energiewendekommunikation), Gerd Marx (Prisma Consult GmbH) und Reiner Tippkötter (Geschäftsführer energielenker GmbH) durch zehnminütige Impulsbeiträge  einen Einblick, wie Klimaneutralität zukünftig im European Energy Award - Programm verankert ist.

Veranstaltungsort war die „Insel Hombroich“ an der Erft, inmitten einer wunderschönen Park- und Auenlandschaft. Auf die Auszeichnung der Kommunen folgte ein gemeinsamer Erfahrungsaustausch auf dem eindrucksvollen Gelände der Insel. Er bot allen Teilnehmer:innen die Gelegenheit zu einem Themen-Spaziergang und regte den Austausch über innovative Klimaschutzprojekte an. Insgesamt stellten fünf Kommunen jeweils ein Projekt vor, über das man sich bei leckeren Snacks und einem Getränk informieren konnte.

Abschließend hat Andreas Hübner, Geschäftsführer Gertec Planungs- & Ingenieurgesellschaft, die Eindrücke des Tages zusammengefasst: Unter dem Titel „Zukünftige kommunale Klimaschutzprozesse im Spannungsfeld zwischen pragmatischen 3-Jahres-Handlungsprogrammen und gesamtstädtischen Klimaneutralitätsstrategien“ rief er die Kommunen zum Handeln auf und regte eine spannende Abschlussdiskussion an.

Die Ehrung mit dem European Energy Award ging an neun Kommunen aus Nordrhein-Westfalen: Darunter die Städte Leverkusen, Warendorf, Sendenhorst, Arnsberg, Brühl, und Moers, sowie die Kreisstadt Siegburg und die Gemeinden Neunkirchen und Wilnsdorf. Außerdem wurden ausgezeichnet: Der Landkreis Emsland und die Gemeinde Loxstedt aus Niedersachsen, die Hansestadt Lübeck aus Schleswig-Holstein, die Stadtgemeinde Bremerhaven, sowie die Verbandsgemeinde Sprendlingen-Gensingen aus Rheinland-Pfalz.

Lesen Sie nun in unseren Kurzportraits, was die Preistragenden besonders macht und lassen Sie sich durch ausgewählte Klimaschutzmaßnahmen der Kommunen inspirieren.

Leverkusen kann sich in diesem Jahr mit einem Zielerreichungsgrad von 77 Prozent zum ersten Mal über den European Energy Award Gold freuen. Die Stadt hat früh damit begonnen, Konzepte für Ihre Klimaschutzaktivitäten zu formulieren. So gibt es neben einem Klimaschutz- und Klimaanpassungskonzept seit 2020 auch das Mobilitätskonzept 2030+: Es enthält kurz- und langfristige Maßnahmen für eine nachhaltige Mobilität. Dazu zählen Schlüsselmaßnahmen in den Bereichen Rad- und Fußverkehr, Öffentlicher Nahverkehr, fließender und ruhender Verkehr, Parkraumkonzepte sowie Park und Ride –Ansätze. Außerdem wurden die Carsharing- und Leihradsysteme umfänglich ausgebaut. Für die Instandhaltung hat sich die Stadt etwas Besonderes einfallen lassen: Durch eine Kooperation mit dem Jobservice Leverkusen gibt es Beschäftigungsförderung zur Pflege und Instandhaltung bestimmter Teilstrecken. Davon profitieren die Beschäftigten und der Klimaschutz.

Warendorf im Münsterland erhält in diesem Jahr mit einem Zielerreichungsgrad von 78 Prozent den European Energy Award. Die Stadt hat sich auf dem Weg zur Klimaneutralität der gesamten Stadt das nächste Etappenziel gesetzt: Die Klimaneutralität des Verwaltungshandelns bis 2030. Dabei schreitet sie in großen Schritten voran: Bereits 2019 kam 90 Prozent des Stroms für das Stadtgebiet aus regenerativen Quellen. Die kommunalen Gebäude beziehen bereits 100 Prozent Ökostrom von den Warendorfer Stadtwerken.

Die Stadt Sendenhorst darf sich in diesem Jahr mit einem Zielerreichungsgrad von 56 Prozent über den European Energy Award freuen. Im Klimaleitbild der Stadt ist verankert, den gesamten Strombedarf der Stadt bis 2025 regenerativ zu erzeugen. Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg dahin ist bereits erfolgt: Über 90 % des Strombedarfs in Sendenhorst werden aus erneuerbaren Energien auf dem Gebiet der Stadt erzeugt. In diesem Zusammenhang werden nun auch mögliche Einsatzgebiete für die Wasserstofftechnologie geprüft. Einen weiteren Schwerpunkt hat die Stadt im Bereich Mobilität: Hier wird unter breiter Öffentlichkeitsbeteiligung ein Konzept erstellt, dass Wege zu alternativen Mobilitätsformen aufzeigen soll. Dazu wurde eine Strategiewerkstatt durchgeführt, an der Politiker:innen und Bürger:innen gemeinsam teilnehmen konnten.

Arnsberg kann sich mit einem Zielerreichungsgrad von 60 Prozent in diesem Jahr zum zweiten Mal über den European Energy Award freuen. Die Stadt hat für die Umsetzung Ihrer ambitionierten Klimaschutzziele einen eigenen Klimaausschuss gegründet. Dieser möchte bis Ende des Jahres die Arnsberg Roadmap erstellen: Sie soll die Transformations- und Zielerreichungsfelder der Stadt definieren, um bis 2030 klimaneutral zu werden. Ein Clou der Roadmap ist die Kostenermittlung der Maßnahmen: Sie wird einer Kostenaufstellung für ein Nicht-Handeln gegenübergestellt.
Ein weiterer Schwerpunkt der Stadt ist die Renaturierung der Gewässer Ruhr, Möhne und Röhr. Die Maßnahmen dafür zielen vor allem darauf ab, den „guten ökologischen Zustand“ der Gewässer laut Wasserrahmenrichtlinie der EU wiederherzustellen. Das soll vor allem die Durchgängigkeit der Flüsse für Fische und andere Lebewesen zurückbringen.

Brühl nimmt mit einem Zielerreichungsgrad von 59 Prozent in diesem Jahr das zweite Mal den European Energy Award entgegen. Die Klimaschutzaktivitäten der Stadt sind sehr vielfältig aufgestellt. Ein besonderes Merkmal ist die ökologisch ausgerichtete Planung: So werden in der Flächennutzungs- und Bauleitplanung die Leitfäden des Masterplan Freiraum + Grün angewendet und vor einem Neubauvorhaben ein klimatisches Gutachten erstellt. Außerdem hat die Stadt eine Klimaanalyse samt Planhinweiskarte zur Beurteilung der Kaltluftentstehungs- und Strömungsgebiete erstellen lassen. Diese dient ebenfalls als Abwägungshilfe für die Flächennutzungs- und Bauleitplanung. Eine weitere Stärke ist das Mobilitätsmanagement in Brühl. Derzeit wird beispielsweise das Netz für E-Auto-Ladestationen verdichtet oder die Stadtbahnlinie weiter ausgebaut, um eine höhere Taktdichte zu erreichen. Damit das breite Spektrum der Klimaschutzaktivitäten in Brühl bewältigt werden kann, beschäftigt die Stadt gleich drei Klimaschutzmanager:innen.

Moers im Kreis Wesel kann sich in diesem Jahr mit einem Zielerreichungsgrad von 63 Prozent über die zweite Auszeichnung mit dem European Energy Award freuen. Die Stadt rief 2019 den Klimanotstand aus und ist im Klimabündnis der Kommunen im Kreis Wesel aktiv: Das Bündnis der insgesamt 13 Kommunen und dem Kreis Wesel plant Klimaschutzmaßnahmen für das Kreisgebiet und setzt diese kommunenübergreifend um. Besonders beispielhaft ist die Finanzierung eines neutralen Energieberaters in Kooperation mit der Verbraucherzentrale NRW.

Neunkirchen im südlichen Siegerland kann sich in diesem Jahr mit einem Zielerreichungsgrad von 56 Prozent über den European Energy Award freuen. Die Stärke der Stadt liegt unter anderem im Mobilitätsbereich: Neunkirchen befindet sich seit diesem Jahr in der Umsetzung seines einstimmig beschlossenen Mobilitätskonzepts: Die enthaltenen Maßnahmen haben Innovationspotential, denn das Konzept ist stark an die Bürger:innenbeteiligung geknüpft: So wurde ein Fußverkehrscheck durchgeführt, der mithilfe der Anwohner die Fußwegebeziehungen untersucht. Es werden Schulwege sicherer gemacht und die Schüler aller Grund- und weiterführenden Schulen zum zu Fuß gehen motiviert. Kinder und Jugendliche werden in die Planungsprozesse zur Umgestaltung der Ortsmitte Neunkirchen miteinbezogen. Im Rahmen der europäischen Mobilitätswoche bietet die Stadt den Bürger:innen Veranstaltungen rund um das Thema Mobilität plus Klimaschutz an.

Siegburg in der Kölner Bucht wird in diesem Jahr zum zweiten Mal mit dem European Energy Award geehrt und erzielt 63 Prozent des Zielerreichungsgrades. Die Kreisstadt arbeitet auf das Ziel hin, bis 2045 klimaneutral zu werden. Dafür hat sie ein Netzwerk geschaffen: Ein Mobilitätsmanager, ein Klimaschutzmanager, ein Umwelt- und Energieberater sowie eventuell ein künftiger Energiemanager arbeiten gemeinsam an der Umsetzung kommunaler Klimaschutzmaßnahmen. Ein besonderes Augenmerk hat die Stadt auf die Energetische Sanierung gelegt: Das KlimaQuartier Brückberg-Süd soll modellhaft zeigen, wie Energieverbrauch und CO2-Emissionen dauerhaft reduziert und gleichzeitig das Wohnumfeld aufgewertet werden kann. Dazu werden insbesondere die Eigentümer:innen und Bewohner:innen des Quartiers in die Konzepterstellung einbezogen.

Wilnsdorf im südlichen Siegerland kann sich in diesem Jahr mit einem Zielerreichungsgrad von 55 Prozent zum ersten Mal über den European Energy Award freuen. Die Gemeinde ist besonders in kommunalen Gebäuden und Anlagen aktiv geworden: So wurden elektrobetriebene Fahrzeuge für den kommunalen Fuhrpark angeschafft und viele kommunale Gebäude energetisch saniert. Auch der Klärwerksbetrieb wurde energetisch optimiert. Außerdem baut die Gemeinde die regenerative Stromgewinnung aus und bietet den Bürger:innen Bildungsevents wie Energieberatungen und Fachvorträge an.

Der Landkreis Emsland nimmt in diesem Jahr mit einem Zielerreichungsgrad von 66 Prozent zum ersten Mal den European Energy Award entgegen. Besonderes Engagement zeigt der Landkreis mit der Initiative „Wasser im Emsland“. Dabei geht es um die Sicherung der öffentlichen Wasserversorgung unter Berücksichtigung des Klimawandels. Es soll eine emslandweite Diskussion über ein gemeinsames neues Verständnis zur Wasserwirtschaft geführt werden. Das Ziel: Die Ressource Grundwasser schonen, langfristig verfügbar halten, sowie einen ausgewogenen Verteilungsmechanismus zwischen den verschiedenen Wassernutzern schaffen. Dieser Prozess wird durch die Festlegung im Regionalen Raumordnungsprogramm unterstützt und begleitet.

Die Gemeinde Loxstedt hat einen Zielerreichungsgrad von 59 Prozent erlangt und kann sich nun das zweite Mal über die Ehrung mit dem European Energy Award freuen. Die Kommune ist stolz auf ihr umfassendes Bildungs- und Kommunikationsangebot für alle Altersgruppen. Beispielsweise gehört Loxstedt zu einer von zehn „Wir wollen mehr-Kommunen“: Das vom Bundesumwelt ministerium initiierte Projekt zielt darauf ab, dass junge Menschen eigenständig Klimaschutzmaßnahmen erarbeiten und umsetzen. Dafür können sie sich auch Kooperationspartner wie Vereine und Unternehmen suchen. Innerhalb der Projektlaufzeit von drei Jahren sollen so 1.200 Tonnen CO2 eingespart werden. Ein anderes Projekt entfaltet seine Wirkung in alles Altersklassen: Der Klimagarten soll durch den ökologischen Eigenanbau von Obst und Gemüse direkt vor der Haustür ein neues Bewusstsein für die Wertigkeit von Lebensmitteln schaffen, um alltägliche Handlungen beim Kauf und der Zubereitung von Speisen zu überdenken.

Bremerhaven erhält zum zweiten Mal den European Energy Award mit einem Zielerreichungsgrad von 60 Prozent. Das Zugpferd der Kommune ist der Bereich Kommunikation und Kooperation. Hier punktet die Stadtgemeinde mit Projekten wie dem Jugendklimarat: Der 2014 gegründete und deutschlandweit einzigartige Jugendklimarat zählt ca. 20 Mitglieder und setzt sich für aktiven Klimaschutz in Bremerhaven ein. Es geht darum, sich die aktuelle und künftige Klimapolitik einzumischen, an politischen Debatten teilzunehmen und auch eigene Klimaschutzkonzepte zu entwerfen. Die Forderungen sind breit gefächert und reichen von der autofreien Innenstadt über saubere Energie für die Seestadt bis hin zu veränderten Taktungen einer Buslinie. Die Arbeit der jungen Erwachsenen verläuft sich nicht ins Leere, sondern werden anschließend von den Kommunalpolitiker:innen und dem Stadtplanungsamt berücksichtigt.

Sprendlingen-Gensingen wird mit 56 Prozent Zielerreichungsgrad zum ersten Mal mit dem European Energy Award geehrt. Die Verbandsgemeinde hat die Rolle des Bausektors auf dem Weg in die  Klimaneutralität erkannt und ein herausragendes Projekt im Maßnahmenbereich Entwicklungsplanung und Raumordnung umgesetzt: Die Gemeindeverwaltung hat eine Handreichung entwickelt, um die Themen Klimaschutz- und Anpassung in der Bauleitplanung der Kommune zu verankern. Konkret geht es um eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang  bringt. Eine sozialgerechte Bodennutzung, eine menschenwürdige Umwelt und der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen müssen bei Bauvorhaben berücksichtigt werden.

Die Bundesgeschäftsstelle European Energy Award bedankt sich herzlichst bei allen Teilnehmenden für ihr Engagement. Die Auszeichnung und auch der anschließende Erfahrungsaustausch ist durch ihr Engagement und die gelungenen Beiträge ein voller Erfolg geworden. Ein besonderer Dank geht ebenfalls an die Vortragende Frau Prof. Dr. Fiedler und an die Kommunalvertreter für die spannenden Impulsbeiträge.